Projekte

Schüler kartografieren ihren Wohnort

OSMAls wir 2014 von Schlieren nach Weiningen umzogen fiel mir auf, dass die Kartografie im neuen Wohnort noch in den Kinderschuhen steckt. Zumindest was die Vollständigkeit der OpenStreetMap-Karte von Weiningen angeht. Statt an den Abenden durch das Dorf zu wandern um die Karte zu ergänzen kam mir die Idee, daraus ein Projekt für die Oberstufe Weiningen zu machen.

Der Kontakt zum ehemaligen Klassenlehrer meiner Töchter war schnell hergestellt und die Projektidee stiess auch beim Rektor auf grosses Interesse. Mitte Januar bekam ich Post von einer Klassenlehrerin, die die Kartografie im Projektunterricht vorgestellt hatte. Zwei Schüler entschieden sich zum Mitmachen.


Am 20. Januar war es dann soweit, das Projekt konnte endlich starten. Da sich zwei Schüler für die Kartografie als Projekt entschieden haben, fand die Einführung bei mir zuhause und nicht im Klassenzimmer statt. Die Projektbeschreibung hatten die beiden Schüler der Oberstufe Weinigen, Cyril und Nathanael bereits gelesen. Das Prinzip des 'kollaborativen Beitrags zu freien Inhalten' konnte ich den beiden am Beispiel der Wikipedia schnell erklären. Anhand eines Vergleichs von Google Maps und OSM konnte ich den Qualitätsunterschied beider Kartendienste deutlich machen:

OSM_vs_GoogleMaps

Der Vergleich zeigt einerseits die höhere Detailtreue und den besseren Informationgehalt von OSM und andererseits die Fehler in Google Maps: der Lindenhof ist nicht grün sondern hat einen Kiesboden. Auch die Wegführung auf diesem Platz ist bei Google Maps falsch erfasst und das Gebäude gegenüber der Schipfe fehlt ganz. Touristen, die sich auf die Google Karte verlassen um den Hafenkran zu finden werden enttäuscht sein da dieser am 20. Januar abgebaut wurde. Die OSM-Karte ist in diesem Punkt zeitgerechter, der Hafenkran wurde (von mir) vier Tage später entfernt.

Nach diesem Überblick und Vergleich habe ich den Schülern die Erfassung von Kartografiedaten und das Übertragen in die OSM erklärt. Hierfür bietet der OMS-Karteneditor 'iD' eine sehr gute interaktive Einführung. Anhand von Beispielen wird der Umgang mit Punkten, Linien und Flächen demonstriert:

OSM Editor

Um den Schülern das Erfassen der Kartografiedaten im Dorf zu erleichtern, habe ich eine Übersichtskarte und Quartierkarten in QLandkarteGT erstellt. Nach der Datenerfassung in Weiningen werden die beiden die Daten in die Open Street Map übertragen.

Erste Erfolge - 23. Januar 2015

Nach ein paar Tagen sind die ersten Erfolge des Projekts sichtbar und nutzbar. Cyril und Nathanael haben die Gegend rund um ihr Schulhaus erschlossen und fehlende Hausnummern eingetragen. Wo der fremde Besucher früher rätseln musste wo denn "Im Hasennest Nr. 7" gelegen ist, hilft jetzt ein schneller Blick auf die OSM Karte.

OSM Gebiet Schule

 

Zweiter Akt - 30. Januar 2015

Die Schüler waren wieder fleissig. In der zweiten Runde wurden die Ortsdaten weiter vervollständigt. Im Vergleich zum vorherigen Kartenausschnitt, hat die Schule jetzt einen Namen. Ausserdem haben die meisten Häuser Richtung Ortsmitte nun Hausnummern. Die Primarschule und das Asylheim wurden ebenfalls mit Namen versehen. Zusätzlich wurde die Gemeindeverwaltung an der Badenerstr. 15 mit Angaben zu Webpage, Wikipedia-Artikel, Telefon-Nr. und Öffnungszeiten ergänzt.

 

Im Osten viel Neues - 28. Februar 2015

Nach den Sportferien waren die Mapper im Norden und Osten von Weiningen aktiv. Der Norden ist jetzt fast vollständig erfasst und östlich im Bereich von Rebbergstrasse und Kirchstrasse wurden alle Hausnummern aufgenommen, fehlende Treppensteige ergänzt und abgerissene Häuser entfernt. Somit sind jetzt ca. 70% aller Häuser in Weiningen nummeriert und korrigiert. Viel fehlt nicht mehr um das Projekt erfolgreich abzuschliessen.

Die Macher des OSM-Services waren auch nicht untättig. Seit Neuestem bietet OpenStreeMap eine Routing Funktionalität mit der turn-by-turn vom Startort zum Zielort navigiert werden kann. Ausserdem gibt es eine OSM-Suchfunktion die direkt aus der Webbrowser Suche (Firefox) aufgerufen wird. Damit kann man eine Adresse in das Suchfeld des Browsers eingeben um diesen Ort auf der OSM-Karte anzuzeigen.

 

Pressetermin - 6. März 2015

"Tue Gutes und sprich darüber" - diesem Motto folgend trafen wir uns in dieser Woche mit Frau Mosbeck von der Limmattaler Zeitung zum Interview. Die Lehrerin, Frau Habermacher, stellte uns einen Besprechungsraum in der Schule zur Verfügung in dem das Interview stattfand. Die beiden Schüler erzälten wie sie zum Projekt gekommen sind und welche Erfahrungen sie beim Kartografieren gemacht haben. Nach dem Interview gingen wir hinaus auf die Strasse um die 'Mapper' Cyril und Nathanael bei ihrer Arbeit zu fotografieren.

Am Mittwoch, 11. März, erschien der Artikel in der Limmattaler Zeitung.

Kurz vor der Abschlusspräsentation wurde auch noch der fehlende Südosten von Weinigen erfasst. Damit ist die OpenStreetMap Karte des kleinen Dorfs im Limmattal vollständig überarbeitet und mit wichtigen Details ergänzt worden. Die Hausnummern der Ortschaft sind nun zu 90% erfasst und die fehlenden werde ich in Kürze nachtragen.

 

Abschlusspräsentation - 16. April 2015

Am Donnerstagabend fand die Präsentation aller Gruppenprojektarbeiten im Saal der Oberstufe Weiningen statt. Eingeladen waren Schüler, Lehrer und die Eltern. Nach einer Einführung durch den Schulleiter präsentierte die erste Gruppe ihr "Making of Gruppenprojekte" in dem sie einen Überblick über einige Projekte gaben. Danach durften Nathanael und Cyril ihr Kartografieprojekt vorstellen, dazu hatten sie eine Viertelstunde Zeit. Ich war als Gast eingeladen und durfte die beiden bei ihrer Präsentation unterstützen und ein paar Worte zur Idee des Projektes beitragen.

Die Schüler hatten sich gut auf die Präsentation vorbereitet. Mit einer informativ gegliederten Slideshow führten sie das Publikum durch die Thematik. Dabei wechselten sich Cyril und Nathanael bei den Erklärungen zum Vorgehen und den Erfahrungen immer wieder ab. Durch eine grosse ausgedruckte OSM Karte von Weiningen, die auf einer Schautafel zu sehen war und die Originalblätter die bei den Kartierungsgängen im Ort zum Einsatz kamen, wurde die Präsentation bereichert. Zum Schluss durften die beiden Schüler den wohlverdienten Applaus der Zuschauer entgegennehmen.

 

Fazit

Mein Wunsch, die Vervollständigung der OSM Karte meines Wohnorts mit der Unterstützung einer Schule umzusetzen, hat sich voll erfüllt. Im Nachhinein ist dieses Projekt mustergültig abgelaufen: vom Kontakt mit der Schule, über das Interesse zweier Schüler bis zur erfolgreichen Präsentation des Ergebnisses gibt es nur Positives zu berichten. Ich kann dieses Projekt mit bestem Gewissen jedem zur Wiederholung empfehlen, der sich für Kartografie oder die gemeinnützige Zusammenarbeit interessiert. Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei allen Beteiligten: den Lehrern Herrn Nef, Herrn Hauenstein und Frau Habermacher, den Schülern Cyril Rhyn und Nathanael Geeler, der Limmattaler Zeitung sowie der OSM-Foundation, die dieses Projekt überhaupt erst ermöglicht hat.

An dieser Stelle ist aber noch lange nicht Schluss: die laufende Aktualisierung der Karte von Weiningen sucht nach einem Götti (das werde wohl ich selbst sein), der Nachbarort Unterengstringen schreit förmlich nach einer Aufbesserung seiner Kartografie und die Gemeindeverwaltung sollte auch davon erfahren, welche gemeinnützige Arbeit an ihrer Oberstufe geleistet wird. Ausserdem gibt es noch viele Schulen im Kanton, die dem guten Beispiel von Cyril und Nathanael nacheifern können.