Seit dem Sommer 2018 betreibe ich zusammen mit Torben Stephan den Podcast LibreZoom unter dem NerdZoom-Label. Dort geht es rund um Freie Software und Freie Gesellschaft. Die Hörsendung entstand als Auskopplung vom NerdZoom Podcast, der breiter aufgestellt ist und sich Themen rund um Computertechnik widmet.
Die Produktion eines Podcasts benötigt mehr als Ideen für den Inhalt und zwei Mikrofone. Eine gute Planung, Kenntnis über die Technik und Beratung von erfahrenen Podcastern sind die halbe Miete für ein erfolgreiches Projekt. In diesem Beitrag beschreibe ich die Schritte zu einem eigenen Podcast, über die Vorbereitung einer Sendung bis zur Aufnahme und der Produktion.
Podcast, was ist das?
"Ein Podcast ist eine Serie von abonnierbaren Mediendateien über das Internet. Das Kofferwort setzt sich zusammen aus der englischen Rundfunkbezeichnung Broadcast und der Bezeichnung für den tragbaren MP3-Player iPod, mit dessen Erfolg Podcasts direkt verbunden wurden. Um 2016 wurden Podcasts vor allem über Smartphones gehört. Unter anderem durch die wachsende Verbreitung von Smartphones sind Podcasts seit dem Jahr 2015 von Jahr zu Jahr populärer geworden. Ein einzelner Podcast besteht aus einer Serie von Episoden, die über einen Web-Feed automatisch bezogen werden können."
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Podcast
Gute Planung hilft beim eigenen Podcast Projekt
Die Idee
'Einen Podcast produzieren' sollte man als Projekt verstehen und sich entsprechend verhalten. 'Einfach loslegen' führt garantiert zum Scheitern des Projektes. Deshalb empfehle ich zuerst ein Konzept für den Podcast zu erstellen. Das Papier sollte folgende Fragen beantworten:
- Inhalt
- Name des Podcasts
- Untertitel: kurze Beschreibung worum es geht
- Zielpublikum: wer hat Interesse daran, diesen Podcast zu hören
- Ziel: welches Ziel verfolgt der Podcast
- Themen: worum geht es inhaltlich
- Häufigkeit: wie oft soll eine Episode erscheinen
- Dauer: wie lang soll eine Episode sein
- Folgen: wie sollen die Episoden benannt bzw. nummeriert werden
- Sprecher: wer spricht, wer ist Gast, wer ist z.B. Interview Partner
- Aufbau: wie ist eine Episode strukturiert, z.B. Intro, Hauptteil, Outro
- Elemente: wie sehen die Kapitel aus, z.B. News, Debatte, Interview, usw.
- Ablauf: in welcher Reihenfolge und Dauer werden die Elemente präsentiert
- Logo: ein Bild, das das Hauptthema des Podcasts wiedergibt
- Blog: Internetseite zum Podcast
- Einbettung: in welche Podcasting-Plattform wird der eigene eingebettet
- Abgrenzung: wie unterscheidet sich der Podcast von anderen, ähnlichen Formaten
- Werbung: soll im Podcast geworben werden
- Musik: welche Musik (Intro, Outro) soll gespielt werden
- Kosten: welche Kosten werden/können entstehen
- Monetarisierung: soll der Podcast Geld einnehmen oder nicht
- Marketing: wie und wo soll der Podcast bekannt gemacht werden
- Prozess
- Vorbereitung: wie wird eine Episode inhaltlich vorbereitet
- Redaktionssitzung: es wird über den Inhalt der nächsten Folge entschieden
- Episodenvorbereitung: die inhaltlichen Details der nächsten Folge werden erarbeitet
- Aufnahme: die Folge wird aufgenommen
- Produktion: die Folge wird (technisch) produziert: Schnitt, Filter, Musik, usw.
- Ankündigung: auf diversen Kanälen wird die Folge angekündigt
- Deployment: die Folge wird für die Hörer verfügbar gemacht
- Feedback: Rückmeldungen zur Folge werden entgegen genommen
- Metriken: die Anzahl Hörer, Downloads, usw. wird gemessen
- Technik
- Räumlichkeiten: wo wird aufgenommen (remote, vor Ort, oder gemischt)
- Mikrofone: welche Mikrofone sind geeignet und sollen gekauft werden
- Vorverstärker: welche Verstärker werden für die Mikrofone benötigt
- Zubehör: was braucht man noch: Mikro-Arm, Kopfhörer, Kabel, usw.
- Software: mit welcher Software soll der Podcast aufgenommen werden
- Interviews: welche Geräte werden für (externe) Interviews benötigt
- Next Steps
- Liste der Dinge und Tätigkeiten, die für die erste Episode benötigt werden
Vorbereitung
Bevor man die erste Episode aufnehmen kann, müssen einige Dinge vorbereitet werden. Das Konzeptpapier dient dabei als Leitfaden. Beim LibreZoom-Podcast fielen einige Punkte besonders in Gewicht. Wir haben zwei Wochen lang überlegt, welche Mikrofone wird kaufen möchten. Dann haben wir eine Weile überlegt, wie der redaktionelle Prozess zur Vorbereitung einer Folge aussehen soll. Da unser Podcast Teil der NerdZoom-Plattform ist, mussten wir uns um die Produktion (also alles, was nach der Aufnahme passiert) keine Gedanken machen.
Bei den Aufnahmegeräten entschieden wir uns für dieses Equipment:
- Mikrophone: Shure SM7B (Preis ca. 320 EUR), Alternative: Rode NT-USB (ca. 120 EUR)
- Mikro-Arm : Rode PSA-1 (Preis ca. 60 EUR)
- Mikro-Amp.: Focusrite Scarlett 2i2 2nd Gen (Preis ca. 110 EUR)
- Pro-Tipp : es lohnt sich nach Bundles zu suchen
- Software : Audacity
- Interview : Dual Lavalier Ansteck-Mikrofone, z.B. BOYA BY-M1DM (Preis ca. 30 EUR)
- Software : irgendein Smartphone Recorder, z.B. den Audio Recorder aus dem FDroid-Store
Das richtige Equipment sorgt für eine gute Qualität
Als Redaktionssoftware haben wir uns für das Kanban-System Trello (seit Frühjahr 2019 MeisterTask) entschieden. Falls man Affinitäten zum Kanban- oder SCRUM-Vorgehen hat, gibt es alternativ auch noch die Deck App in NextCloud. Die meisten Podcast verwenden jedoch kollaborative Editoren wie Etherpad, Google Docs oder Cryptpad. Gerade für Podcast-Neulinge möchte ich jedoch ein Kanban-System beliebt machen, weil es die strukturierte Redaktionsarbeit sehr gut unterstützt.
Nullfolge
Die nullte Episode dient zwei Zwecken. Einerseits ist sie Voraussetzung für das Einreichen eines Podcasts auf den Verteil-Plattformen wie Apple Podcast, Google Podcast, Spotify oder Stitcher, andererseits kann man damit den gesamten Prozess ausprobieren, insbesondere die Aufnahme. Die Nullfolge enthält lediglich eine kurze Aufnahme, in der der Podcast vorgestellt wird.
Inhalte sammeln und Redaktionssitzung
Lange oder kurz vor der Aufnahme - das hängt davon ab, wie oft man senden möchte - beginnt das Sammeln von Themen für die nächste Folge. Dabei kann man der eigenen Kreativität freien Lauf lassen: relevante News-Kanäle lesen, eigene Projekte vorstellen, mögliche Interviewpartner anfragen und was einem sonst noch als Inspirationsquelle einfällt, z.B. das Feedback der Hörer zur letzten Folge. Zwei Tipps dazu: alle potentiellen Inhalte sollte man sofort speichern, und zwar im Redaktionssystem - sei es nun ein Scrum-Board oder ein Notepad - damit sie nicht am nächsten Tag in Vergessenheit geraten. Es hilft ähnliche Podcasts im Auge (bzw. im Ohr) zu behalten um Doppelspurigkeiten bei den News zu vermeiden. Bei LibreZoom schieben wir die Ideen für die kommende Episode in ein Pipeline-Board in Trello. Seit Frühling 2019 sind wir von Trello zu MeisterTask gewechselt. Der Grund dafür ist der Aufkauf von Trello von Atlassian und damit einhergehener Einschränkungen. Gerne würden wir ein selbst-gehostetes Kanban-System (Kanboard, Nextcloud-Deck) einsetzen, haben aber bisher noch keines gefunden, dass unseren Anforderungen genügt.
Das Trello Kanban-Board unterstützt die Planung einer Podcast-Episode
Von Zeit zu Zeit verteilen wir die Ideen innerhalb der Pipeline auf die Themen-Listen im Board, also News, Debatte, Interview, Events, usw. Diese Listen dienen als Work-in-progress Sammlung. Die Inhalte werden nun recherchiert, gelabelt, getagt, mit Links und eigener Meinung versehen; kurzum, hier entsteht der Beitrag, wie er später in der Folge gesprochen wird. Einige Tage vor der Sendung treffen wir uns zur Redaktionssitzung. Dort werden alle fertig bearbeiteten Inhalte aus der Pipeline in das Board für die Folge-X verschoben. Auch dort gibt es Listen, die dem Aufbau des Podcasts entsprechen. Bei uns sind das:
- Intro
- Feedback
- News
- Tor des Monats
- Thema
- Tipps
- Events
- Outro
Oft sind noch nicht alle Inhalte vollständig erarbeitet, so dass in den Tagen vor der Sendung Zeit bleibt, die einzelnen Themen zu salzen und zu pfeffern. Während der Vorbereitung einer Sendung hat unser Producer, Marius Quabeck, Zugriff auf die Trello-Boards um eine Vorstellung von der nächsten Folge zu bekommen. Die Zeit zwischen der Redaktionssitzung und der Aufnahme sind mit Mehraufwand verbunden. Um eine qualitativ hochwertige Sendung zu gewährleisten, ist in diesen Tagen eine Ausarbeitung der Themen gefragt, die journalistischen Ansprüchen im Ansatz genügt.
Aufnahme
Der Termin für die Aufnahme der Episode liegt in der Regel ein paar Tage vor der Publikation, damit Marius genügend Zeit hat um die Sendung zu schneiden und für das Deployment vorzubereiten. Beim LibreZoom-Podcast können Torben und ich uns an einem Ort treffen anstatt remote aufzunehmen, wie z.B. beim NerdZoom-Podcast. Wir schätzen es sehr, uns bei der Aufnahme sehen und austauschen zu können. Es gibt die nonverbale Kommunikation während die Mikrofone offen sind, die viel zum reibungslosen Ablauf beitragen. Im Feedback zu unseren ersten Episoden war oft zu hören, dass wir beide gut aufeinander abgestimmt sind. Ein wesentlicher Grund dafür ist eben die physische Präsenz an einem Ort.
Unsere Aufnahme erfolgt immer in einem Take. Ausser der Musik am Anfang und Ende sowie den Interviews, entsteht die Sendung in einem Rutsch. Auch das will geübt sein; es ist nicht jedermanns Sache, zwei Stunden lang zu reden ohne die Show durch Husten, Gelächter oder Sprachlosigkeit zu unterbrechen. Während der Aufnahme dienen uns die Trello-Boards bzw. die Shownotes als Leitfaden durch die Sendung. Die Shownotes sind das, was nach der Publikation der Podcast-Folge auf der Webpage zu lesen ist. Dort werden alle Themen mit den zugehörigen Links aufgeführt, damit der Hörer auf die Quellen zugreifen kann.
Das LibreZoom-Team bei der Aufnahme (inkl. Producer Marius)
Interviews
Gespräche mit Gästen sind das Salz in der Suppe eines jeden Podcasts. Dabei ist die Vorbereitung hinsichtlich Inhalt, Ablauf und Technik besonders wichtig. In der Regel haben die Gesprächspartner noch nie ein Interview mit einem Podcast geführt. Sie wissen zwar um welchen Inhalt es geht, kennen sich aber bezüglich des Ablaufs und der Aufnahmetechnik nicht aus. Ein Lokalpolitiker hat vermutlich noch nie etwas von Double-Ender, Latenz, usw. gehört. Hier ist eine einfache und vollständige Kommunikation gefragt.
Nach der Zusage des Gastes für das Interview, informiere ich diesen schriftlich über den Ablauf der Aufnahme, z.B. so:
- Kurz vor dem Gespräch schicke ich Ihnen den StudioLink-Link oder rufe Sie via Skype an. In diesem Fall brauche ich Ihren Skype-Namen.
- Ich stelle die Verbindung zu Ihnen her und wir besprechen uns kurz.
- Ich starte die Aufnahme und wir führen das Interview durch.
- Nach dem Interview bearbeite ich die Aufnahme und schicke Ihnen eine MP3-Datei. Sie können dann entscheiden, ob das Interview für Sie in Ordnung ist und die Freigabe für die Ausstrahlung geben. (Diese Freigabe ist zwar bei Interviews nicht üblich, ich mache es aber trotzdem so.)
- Ich informiere Sie über den Sendetermin für die Podcast-Folge.
Ausserdem schicke ich dem Gast eine Liste mit Musterfragen, damit er/sie sich vorbereiten können. All das gilt nur für Remote-Interviews. Bei vor Ort Interviews verwende ich ein doppeltes Ansteckmikrofon und nehme mit einer Recording App auf dem Smartphone auf (Android Audio Recorder). Die Tonqualität sollte in der App so hoch wie möglich einstellen, z.B. WAV-Format bei 48 kHz. Die Audio-Datei wird dann später bei der Produktion in die Sendung integriert.
Produktion und Publikation
Siehe: Der GLN-Podcast - Making of
LibreZoom Podcast
Alle Episoden des LibreZoom-Padcasts kann man hier anhören: https://librezoom.net
Fazit
Ich hoffe, der Artikel hat dir einen groben Überblick über die Welt des Podcastens gegeben. Auf den ersten Blick erscheint solch ein Vorhaben als einfache Sache, die mit einem Mikrofon und ein paar Ideen erledigt werden kann. Tatsächlich ist es mehr als das; hier treffen gute Inhalte, technisches Verständnis, Organisation des Ablaufs und zuverlässige Partner aufeinander. Wer nun Lust am eigenen Podcast-Projekt gefunden hat, kann sich gerne an mich oder NerdZoom-Media wenden. Marius hilft gerne bei der Umsetzung deines eigenen Podcasts und stellt erst noch die Plattform dafür bereit.